BPI Pressekonferenz

Politisches Stelldichein bei BPI-Hauptversammlung

Die hohe Politik gab sich das Mikrofon in die Hand, um auf der Hauptversammlung des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI) und dessen Vorabendveranstaltung im Französischen Dom in Berlin die Wertschätzung für diesen Industriesektor zum Ausdruck zu bringen. Dennoch bleibt der Branchenverband vorsichtig und fordert, dass den vielen schönen Worten nun auch Taten folgen.

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„Deutschland braucht eine starke Gesundheitswirtschaft – sie ist ein Garant für Innovationen und nachhaltiges Wachstum“, betonte Oliver Kirst, Vorsitzender des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI) bei der Ordentlichen Hauptversammlung des Verbandes. „Die pharmazeutische Industrie ist Leitindustrie und ein wesentlicher Bestandteil der deutschen Volkswirtschaft. Sie garantiert eine hochwertige Gesundheitsversorgung.“ Doch um auch in Zukunft einen starken Mehrwert für Deutschland schaffen zu können, brauche sie Rahmenbedingungen, unter denen sie wieder verstärkt forschen, produzieren und Patienten versorgen kann. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und Oppositionsführer Friedrich Merz hätten mit ihrer Teilnahme gezeigt, dass sie den Stellenwert der Branche, aber auch die Probleme erkannt haben. „Jetzt müssen Taten folgen“, forderte Kirst.

Kurz vor der Versammlung hatte der BPI eine repräsentative INSA-Umfrage in Auftrag gegeben und publiziert. Laut dieser Erhebung findet eine überwältigende Mehrheit (82 Prozent) der Deutschen, die Politik sollte mehr für die Ansiedlung von Medikamentenherstellern am Standort tun und bessere Rahmenbedingungen für Forschung und Produktion in Deutschland schaffen.  Jeder Zweite hat zudem die Sorge, dass es in fünf Jahren deutlich weniger Pharmahersteller in Deutschland geben könnte, als heute (51 Prozent). Deshalb ist eine große Mehrheit der Befragten (76 Prozent) dafür, dass die Bundesregierung hierzulande tätige Pharmaunternehmen stärker als bislang schützen sollte – beispielsweise vor Abwanderungen.

Für den Pharmaverband ist damit klar, dass die Zeit drängt: „Wer als Unternehmen hierzulande noch ansässig ist, wird nicht belohnt, sondern faktisch bestraft“, so Oliver Kirst. „Nach fast 15 Jahren Preismoratorium, Festbeträgen, Rabattverträgen, Herstellabschlägen und all den anderen Regulierungsmaßnahmen können viele die Rechnungen von heute mit Einnahmen auf dem Niveau von 2009 nicht mehr begleichen. Das funktioniert nicht“, betonte Kirst.

Eigentlich kann sich die Branche jedoch gerade nicht über zu geringe Aufmerksamkeit in der Politik beklagen. Hohe Staatsvertreter reisen zu diversen Spatenstichen bei Neubau- und Ansiedlungsprojekten in Milliardenhöhe durch die Lande, im Kanzleramt konnten sich Firmen- und Verbandsvertreter beim Pharmagipfel austauschen, eine eigene nationale Pharmastrategie ist entstanden, selbst die EU ist mit einem Pharmapakt in einer ähnlichen Richtung unterwegs, die da heißt: alles tun, um die Standortbedingungen zu verbessern.

Gesundheitsminister Lauterbach tut dies mit einer Reihe von Gesetzesvorhaben zur Beschleunigung der Arzneimittelentwicklung, die Gesundheitsdaten sollen besser und einfacher für die Forschung genutzt werden können. Nur das heiße Eisen der Kosten greift niemand so richtig auf. Wie die teuren innovativen Therapien bezahlt werden sollen, hat bisher nur die Techniker Krankenkasse lautstark als größte Herausforderung bezeichnet.

Auch ein anderes Thema brodelt etwas im Hintergrund, könnte aber ganz schnell an Bedeutung gewinnen: China. Die eher konfrontative Vorgehensweise in den USA, eine Reihe von chinesischen Biotech-/Pharmafirmen von Vergabeverfahren auszuschließen oder die Zusammenarbeit gar zu verbieten, hat auch den BPI wachgerüttelt. Dieser sieht auf |transkript-Nachfrage aber vor der weltpolitischen Positionierungsfrage eine eher praktische Verfahrensfrage. „Im Herbst laufen viele Zertifikate der chinesischen Auftragshersteller und Vertragspartner der deutschen Pharmaindustrie aus. Wenn diese nicht verlängert oder erneuert werden, laufen wir sehenden Auges in viel stärkere Lieferengpässe hinein, als wir sie bisher gesehen haben“, sagte Kirst auf der Pressekonferenz. Er fordert daher die Politik auch an dieser Stelle auf schnellstmöglich für eine Lösung dieses Problems zu sorgen. Die Auswirkungen der USA-China-Konfrontation könnten schneller in Deutschland ankommen, als sich viele vorstellen wollen.

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